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Adventkalender – 21. Dezember

Und übermorgen ist Weihnachten

„Bambi ist der Dackel des Försters. Sie war ihm wieder mal ausgerissen und offensichtlich hatte sie Korbinians Fährte in der Nase und wollte ihn stellen, als er im selben Augenblick den Schuss so unglücklich absetzte“, gestand Oma.

„Du deckst also einen Kriminellen?!“ Papa konnte es nicht fassen. „Mama, was denkst du dir eigentlich dabei? Denkst du überhaupt?“

„Jetzt mal sachte.“ Oma richtete sich auf.  „Kriminell, was sind das für Töne? Hier geht es um Brauchtumspflege. Kannst du dich denn nicht an die Heimatfilme erinnern, die du als Bub so gerne geschaut hast? So ein Wilderer ist Teil der bäuerlichen Kultur hier draußen. Da ist nichts Kriminelles daran, und ein Reh für den Weihnachtsbraten aus dem Wald holen ist auch kein Staatsverbrechen. Die sterben hier nicht aus, weißt du. Davon gibt es so viele, dass es dem Wald nicht mehr gut tut, sagt Korbinian. Die Knabbern nämlich die ganzen jungen Tannentriebe ab und dabei hat der Borkenkäfer hier schon so viel Schaden angerichtet. Da ist jedes neue Bäumchen wichtig. So ein Reh, vor allem wenn es eines zu viel ist, ist ein richtiger Baummörder, wenn man es aus dieser Perspektive betrachtet.“ 

Papa seufzte.

„Wenn ich alles richtig verstanden habe“, fasste Papa Omas Bericht zusammen, „pflegst du diesen Dackel gesund und dieser Korbinian musste mir dafür deine Nachricht übermitteln, damit ich dich unbemerkt von Förster, Feuerwehr und Polizei aus dem Wald herausholen komme. Aber warum, hast du dann noch diesen einen Zettel bei der Informationstafel hinterlassen?“

„Weil es noch ein kleines Problemchen gibt“, gestand Oma. „Korbinian ist seit drei Tagen nicht mehr dagewesen. Er hat mir vorvorgestern noch Brennholz und die Dose mit Vanillekipferln gebracht und ich habe ihm dann die Nachricht für dich mitgegeben. Er sollte noch zwei Tage warten und sie dann abschicken.“

„Warum zwei Tage?“, fragte Papa. „Je früher du mit dem Wohnmobil wieder aus diesem Wald verschwunden bist desto besser. Was ist, wenn dich jemand hier entdeckt?“

„Keine Panik.“ Oma lächelte schlau. „Eigentlich ist das hier ein Sperrgebiet. Da dürfen Wanderer wegen der Winterruhe für die Waldtiere nicht hinein. Deshalb war Korbinian  hier unterwegs. Er will ja nicht versehentlich einen Wanderer treffen. Der Hund des Försters war schon schlimm genug.  Außerdem kann ich Bambi doch nicht verletzt im Wald zurücklassen. Jetzt ist sie gesund genug, um Morgen oder vielleicht besser übermorgen wieder alleine nach Hause zu laufen. So hat Korbinian auch keine Schwierigkeiten.“

„Übermorgen ist aber Weihnachten“, fiel Anton ein. „Und Mama ist im Dienst und weiß nicht, wo wir sind. Wir müssen noch heute Nacht zurück ….“ Er stockte. „Papa, du kannst doch mit dem Wohnmobil fahren?“

Bevor Papa etwas erwidern konnte, wusste Anton die Antwort.
„Du kannst nicht, oder?“, flüsterte er. 

Papa nickte.

„Heute Nacht auf keinen Fall. Morgen.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wenn die Schmerztabletten helfen, vielleicht…“ Das klang auch nicht sehr überzeugt.

Mehmet schüttelte nur mehr den Kopf.

„Mann, ich wünschte mir, ich wäre nicht in euer Auto gestiegen“, murmelte er unglücklich. „So ein Förster ist doch wie die Polizei in der Stadt. Stell dir vor, man erschießt einen Polizeihund…“ Er pfiff durch die Zähne.

„Einen Streifschuss, der beinahe schon verheilt ist“, beruhigte Oma ihn. „Und Korbinian wollte das Gerücht am Stammtisch verstreuen, dass er Bambi beim Rachelsee gesehen hat. Und der ist kilometerweit von hier entfernt.“ 

Ihre Miene klärte sich auf.

„Jetzt weiß ich, warum Korbinian nicht mehr gekommen ist“; sagte sie. „Bestimmt ist er mit dem Förster unterwegs, um sozusagen Bambi zu suchen. Schlau von ihm was?“ Sie nickte zufrieden. „Da streift er mit dem Förster beim  Rachelsee herum, solange bis die Frau des Försters den Förster anruft, um mitzuteilen, dass Bambi gesund und munter wieder aufgetaucht ist. Und schlau von mir, dass ich meine Nachricht für euch an der Informationstafel zurückgelassen habe. So konntet ihr mich finden, ohne Korbinian fragen zu müssen.“

Oma rieb sich die Hände.

„So und jetzt werden wir es uns alle gemütlich machen und eine Runde schlafen.“

„Aber Mama?“, sagte Anton. „Wenn wir morgen am Vormittag nicht wieder zu Hause sind, gerät sie in Panik.“

„Und meine Eltern erst. Die glauben auch, dass ich morgen wieder da bin.“

„Okay, okay“, rief Papa. „Ich überlege mir was. Heute Nacht können wir auf jeden Fall nichts mehr unternehmen. Aber gleich, wenn es hell wird, werden wir irgendwie Kontakt mit der Außenwelt zustande bringen und Mama und deinen Eltern, Mehmet, eine  Nachricht schicken und unser Problem hier lösen.“ „Ach Klausimausi“, sagte Oma, gerührt über so viel Tatkraft „Ich habe gewusst, dass ich mich auf dich verlassen kann.“

Veröffentlicht unter Adventkalender

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