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Adventkalender – 22. Dezember

Ein Rettungsplan

„Wir sollen allein zum Auto zurück mit dem Handy, den Motor starten und das Handy aufladen?“, fragte Anton nochmals, als Papa ihnen in der Früh seinen Rettungsplan erklärt hatte.

Papa nickte.

„Mehmet, du kannst doch einen Motor starten, oder?“

„Ja, klar. Fahren kann ich auch schon. Papa lässt mich manchmal auf dem Werkstattgelände die Autos aus der Garage  heraus fahren. Also wenn es nötig ist.“

„Unterstehe dich. Nur im Leerlauf! Versprochen!“

„Klar.“

„Wenn das Handy Akku genug hat, müsst ihr zuerst Mama anrufen und sagen, dass sich der Kurzurlaub ein bisschen verlängern wird. Nur das. Nicht mehr. Sie soll sich keine unnötigen Sorgen machen.“

„Du willst sie anlügen?“

„Nein, nur nicht die ganze komplizierte Wahrheit erzählen. Immerhin kann man das hier auch als Urlaub sehen, oder? Sag einfach, Oma möchte gerne noch einen Tag dran hängen, damit ich auch wieder alles sehen kann, was mir als Baby so viel Freude gemacht hat.“

Anton bezweifelte, dass das klappen würde. Mama hatte einen siebenten Sinn dafür, wenn etwas nicht stimmte.

„Und dann“, setzte Papa fort, „rufst du deinen Vater an, Mehmet, und bittest ihn, uns zu holen. Ihm darfst du natürlich alles erklären und ich bezahle ihm auch die Arbeitszeit und die Fahrkosten. Hauptsache er holt uns hier heraus.“

Mehmet nickte. „Kein Problem. Und wenn Papa keine Zeit hat, kann ich Onkel Omar bitten, oder Onkel Tarip oder einen meiner großen Cousins. Irgendjemand kann uns sicher abholen.“

„Aber er muss in der Lage sein, ein Wohnmobil rückwärts einen schmalen, verschneiten Waldweg hinauf zu fahren.“

„Das können die alle“, prahlte Mehmet zuversichtlich.   „Wir haben das Autofahren im Blut.“

Anton und Mehmet brauchten nur eine Dreiviertelstunde um den Parkplatz zu erreichen. Mehmet hatte Omas Winterstiefel an und damit auch keine Problem mehr mit dem Schnee.

Im Auto sitzend startete Mehmet fachkundig den Motor und sie luden das Handy soweit auf, dass sie anrufen konnten.

Mama hob nicht ab und irgendwie war Anton deswegen froh. Es war leichter, die Nachricht für sie auf Band zu sprechen.

„Wir haben im Wald keinen Empfang, aber melden uns spätestens am Abend wieder. Tschüss, Mama“, beendete er die Aufnahme.

Dann war Mehmet dran.

 „Hallo Papa! Wir haben eine kleine Panne.“

Mehmet erklärte rasch die Lage.

Als er aufgelegt hatte, seufzte er zufrieden.

„Papa kommt“, sagte er. „Er kann um zwölf herum losfahren.“

„Wird er daran denken, dass er eine Taschenlampe mitbringen soll?“, fragte Anton besorgt.

Sie beschlossen nochmals anzurufen und fügten zu der Taschenlampe noch Mehmets Winterstiefel hinzu.
„Und Papa,  auch diese Metallschienen, die man unter die Rädern legen kann, um aus dem Wüstensand wieder herauszukommen, wenn ein Auto darin stecken bleibt“, fiel es Mehmet noch ein. „Der Schnee hier ist so wie Sand, glaube ich.“

Mehmets Papa versprach alles mitzunehmen und ein Abschleppseil und eine Winde auch. Dann erklärte Mehmet noch ganz genau den Weg zum Wohnmobil.

„Wir zeichnen es dir auch  auf einen Zettel auf, den du zusammengefaltet bei der Informationstafel am Parkplatz Fredenbrücke finden kannst“, sagte er. „Unten im Wald haben wir keinen Empfang, und wenn es finster ist, können wir dir ohne Taschenlampe nicht entgegen kommen. Aber ziemlich weit oben vom Weg aus wirst du bereits einen Lichtschein sehen können.“

Mehmet wollte schon auflegen, als Anton noch etwas einfiel.

„Sag ihm, dass er in einer Apotheke die beste Fussbandage besorgen soll und ein stärkeres Schmerzmittel. Papa wird ihm das auch bezahlen.“

„Das haben wir prima hingekriegt“, sagte Mehmet, als sie zum Wohnmobil zurück stapften. Bei der Abzweigung von der Straße in den Wald hinunter fiel ihnen jetzt auch das Sperrgebietschild auf, von dem Oma gesprochen hatte.

„Vielleicht sollten wir unsere Fußspuren verwischen“, schlug Mehmet vor. „Nicht dass einer vorbeikommt und nachschaut, warum hier illegal Menschen hinunter gewandert sind. Wäre doch schade, wenn Oma im letzten Augenblick auffliegt.“

Abgebrochene Tannenzweige als Besen benutzend, fegten sie ihre Fußspuren rückwärtsgehend weg, bis die Straße außer Sicht war.

Als sie weiter gingen, sagte Anton: „Dein Papa ist verschwiegen oder? Der wird es niemandem weitererzählen?“

„Klar, der hält dicht.“

„Aber ausdrücklich gesagt, dass es ein Geheimnis bleiben soll, hast du ihm nicht?“ „Nein, aber das ist  nicht notwendig. Der schweigt wie ein Grab. Ich kenne ihn.“

Veröffentlicht unter Adventkalender

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