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Adventkalender – 1 – Eine große Sorge

Das Haus stand seit einer Woche leer. Die Bewohner waren ausgezogen und hatten alles mitgenommen. Traurig schaute sich Nikolaus, die kleine Maus, in der Speisekammer um. Überall leere Regale. Fort waren der gute Käse und die Kekse. Sogar der staubige Zwieback in der hintersten Ecke war verschwunden. Wie sollten er und seine Familie den Winter überleben?
Katrinchen, seine Frau, hatte zwar noch einen kleinen Vorrat, aber der reichte höchstens, wenn sie sehr sparsam waren, bis Ende Dezember. Jänner, Februar, März, Nikolaus zählte die Monate bis zum Frühling an seinen Fingern ab. Drei Monate ohne Nahrung. Das konnte keine Maus überleben. Was sollte er tun? Er mußte sich mit Großonkel Paulus beraten. Vielleicht wüßte der Rat. Schließlich hatte dieser bereits so viel erlebt. Mit neuem Mut lief Nikolaus die Treppe bis zum Dachboden hinauf. Großonkel Paulus lebte etwas abseits von der Familie, links hinter dem letzten großen Dachbalken. Höflich klopfte Nikolaus an die Tür, die aus einer alten Camenbertschachtel gezimmert war.
„Herein“, erklang Großonkels tiefe, gütige Baßstimme.
Nikolaus öffnete die Tür. Drinnen, beim Schein einer kleinen Kerze saß Paulus in seinem Lehnstuhl. Auf seinen Knien lag ein großes, dickes Buch. Vor ihm auf dem Boden saßen Nikolaus’ Kinder, drei kleine, aufgeweckte Mäuschen. Ruprecht, der jüngste, zuzelte an seiner Schmusedecke, die er immer bei sich hatte. Leontinchen, die mittlere, guckte neugierig durch ihre kleine Brille und hatte sich an Großonkels Beine angeschmiegt. Simon, der älteste stand aufrecht neben Großonkels Lehnstuhl und blickte ihm über die Schulter.
Nikolaus betrachtete kurz die friedliche Szene. Er liebte seine Kinder und hoffte in diesem Moment inbrünstig, daß Großonkel Paulus einen Rat wußte.
„Schau Papa, was wir gefunden haben!“, sagte Leontinchen aufgeregt und zeigte auf das Buch, das der Großonkel auf dem Schoß hielt.
„Ich habe es zuerst gesehen. Es lag im Kinderzimmer im Geheimfach unter dem lockeren Brett“, sprach Ruprecht.
„Es ist ein wenig zerrissen und sehr schmutzig“, fügte Simon hinzu,“ vielleicht ist es ein Schatzbuch“.
Der Großonkel nickte ein paar mal gutmütig und lächelte.
„Großonkel, ich muß dich einen Augenblick sprechen“, sagte Nikolaus ernst.
„Ich kann sehen, dass es wichtig ist“, antwortete Großonkel Paulus. Er überreichte Simon das Buch und sagte: „Nach meinem Mittagsschläfchen können wir uns gemeinsam das Buch anschauen.“
Etwas enttäuscht gingen Leontinchen, Ruprecht und Simon mit dem schweren Buch davon.

Veröffentlicht unter Adventkalender

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