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Adventkalender – 7. Tag

„Giulia?“ Es war Nonnos Stimme. 

Giulia steckte das Geld zurück in die Börse und schob die Lade zu. Mit den Kerzen in der Hand drehte sie sich um.

Vor ihr stand der Großvater, klein, schon ein bisschen gebeugt. Er lächelte sie freundlich an.

„Nonno!, Nonno!“ Giulias Augen füllten sich mit Tränen.

„Ja, was ist denn? Wo ist Mama, Francesco, Giovanni? Ich dachte, ich sei schon zu spät dran. Hatte noch ein wenig getratscht am Dorfplatz.“ Nonno schaute sich in der Küche um. „Es ist längst Essenszeit und noch nichts gekocht“, bemerkte er ein wenig verärgert.

„Nonno, Giovanni ist wieder krank und ich ….“

Giulia hätte so gerne ihrem Großvater alles gebeichtet, aber Nonno war wie Mama.

„Giovanni  wieder krank? Wo ist er?“, fiel er ihr besorgt ins Wort.

„In seinem Zimmer, Mama ist bei ihm, und Francesco holt den Arzt“, antwortete Giulia leise und sah zu, wie Nonno aus der Küche hinüber in Giovannis Zimmer lief.

Giulia starrt auf die Kerzen in ihrer Hand, dann auf die Lade.

Das Geld lag wieder in der Börse. Es zu nehmen, war nicht richtig gewesen. Das spürte sie jetzt ganz deutlich. Auch wenn Mama das Geld für ein Geschenk für Giulia ausgeben würde, so wäre es Diebstahl, wenn Giulia es ungefragt genommen hätte.

„Ein Glück“, dachte Giulia, „dass Nonno genau jetzt hereingekommen ist, sonst wäre ich auch noch ein Dieb geworden.“

Die Kerzen allerdings, fand Giulia, konnte sie ruhig nehmen. Mama würde verstehen, dass man bei so einer wichtigen Bitte nicht mit leeren Händen zur Madonna gehen konnte.

Und auf einmal wurde ihr auch ein wenig leichter. Zur Kirche gehen, die Kerzen anzünden und beten, das war etwas, was sie tun konnte. Das war etwas, was helfen konnte, was helfen musste.

Ohne noch länger zu zögern, verließ Giulia das Haus und machte sich auf den Weg nach Stroncone zur Madonna.

Im flackernden Licht der drei Kerzen erzählte Giulia der Madonna ganz ehrlich, was passiert war. Sie verheimlichte nichts. Sie gab zu, dass nur sie alleine Schuld daran war, dass Giovanni wieder krank geworden war. Sie gab zu, dass sie etwas getan hatte, was Mama ihr verboten hatte.

„Siehst du“, sagte sie. „Es ist deshalb nicht richtig, dass Giovanni für meine Missetat bestraft wird.  Bitte, sorge dafür, dass Giovanni wieder rasch gesund wird, und ich werde mich nicht beklagen, wenn ich bestraft werde. Im Gegenteil, das wäre nur gerecht.“

Sie schaute zur Madonna hinauf, die lächelnd auf sie herab sah.

„Verstehst du mich?“, fragte Giulia unsicher und legte ihren Kopf ein wenig schief. Die Madonna lächelte.

„Ich weiß, du bist eine Holzfigur. Du musst wohl immer gleich lächeln, aber ich hoffe, ich hoffe sehr“, sagte Giulia eindringlich, „dass die Madonna im Himmel mit dir irgendwie verbunden ist und mir gut zugehört und die drei Kerzen bemerkt hat.“ Zur Sicherheit betete Giulia noch drei „Gegrüßet seist du Maria“.  Dann lief sie nach Hause.

Veröffentlicht unter Adventkalender

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