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Adventkalender – 4. Tag

Ein heimliches Geschenk

In Myra nahm Nick die Einladung an, für eine Weile bei Nikolaos und seinem Onkel zu wohnen. Er war froh, einen Freund gefunden zu haben. Die Zeit verging rasch. Nick merkte, dass Nikolaos durch den Tod seiner Eltern zu einem reichen Kind geworden war. Aber statt das Geld nur für sich auszugeben, bereitete es Nikolaos viel Freude, anderen Menschen, vor allem den Armen, kleine Geschenke zu machen. Einem durstigen Bettler kaufte er eine Wassermelone und Kindern schenkte er Süßigkeiten. Eines Tages fiel ihm auf, dass das Kleid einer armen alten Frau fadenscheinig und an vielen Stellen zerrissen und nur notdürftig geflickt war.
„Ich kaufe ihr einen Stoff für ein neues Kleid“, sagte Nikolaos zu Nick. „Aber es ist unpassend von mir, es ihr einfach so zu schenken. Denn sicherlich schämt sie sich ihrer Armut. Ich muss es ihr heimlich zukommen lassen.“
Gemeinsam mit Nick plante Nikolaos die Überraschung. Sie beschlossen, mitten in der Nacht zur Hütte der Frau zu gehen und den Stoff in einem Sack verpackt durch das Fensterloch zu werfen.
„Dann wird sie in der Früh staunen“, sagte Nikolaos vergnügt.
Als es finster war, schlichen die zwei Buben aus dem Haus. Sie mussten durch die ganze Stadt laufen, denn die Hütten der Armen lagen dort, wo der Fluss ins Meer mündete, weit entfernt von den Villen der Reichen. Nikolaos trug eine Fackel und Nick den Sack. Der Sack war schwer. Außer dem Stoff hatten sie noch ein Brot, einen Krug Olivenöl und getrocknete Feigen eingepackt.
Fast eine Stunde waren sie unterwegs. Einmal wären sie beinahe einem Nachtwächter in die Arme gelaufen. Gerade noch rechtzeitig konnte Nikolaos die Fackel löschen. Sie versteckten sich rasch hinter einem Karren. Der Nachtwächter blickte suchend in ihre Richtung. Es raschelte. Eine dicke Ratte, aufgeschreckt von den zwei Kindern, kroch unter dem Wagen hervor und lief auf den Nachtwächter zu.
„Mistvieh“, murmelte dieser und schlug mit seinem Stock auf das Tier ein. Die Ratte duckte sich und flüchtete. Der Nachtwächter ging seinen Rundgang weiter und Nikolaos und Nick stahlen sich davon.
Endlich erreichten sie die Hütte. Die Fensterläden waren geschlossen. Doch sie hingen so lose in den Angeln, dass Nick sie mühelos zur Seite schieben konnte. Drinnen im Raum hörten sie das leise Schnarchen der alten Frau. Nikolaos hob den Sack hoch, drückte ihn durch das kleine Fensterloch und ließ ihn dann langsam zu Boden.
„He, ihr da! Was macht ihr da!“, rief plötzlich eine laute Stimme und Schritte näherten sich rasch.
„Weg! Wir dürfen uns nicht erwischen lassen“, rief Nikolaos und Nick lief blindlings davon.
Er rannte und rannte, bis er keine Luft mehr bekam, ihm die Seite stach und er schließlich stolperte. Er taumelte noch in eine Ecke zwischen zwei Häusern und blieb dort liegen. Erschöpfung schloss ihn ein wie ein dichter Mantel, und er schlief ein.

Veröffentlicht unter Adventkalender

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