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Adventkalender – 24. Dezember

Ein Weihnachtswunder

Der große Hund versuchte sich zwischen Frau Müllbergers Beinen durchzuzwängen. Lotti erstarrte vor Angst.
„Lass das, Pozor“, befahl Frau Müllberger. „Das ist doch nicht der Kurt. Wie oft soll ich dir noch sagen, großer dummer Hund, dass dein Kurt erwachsen ist und in die Stadt gezogen ist. Er hat keine Zeit mehr, mit dir Löwe und Dompteur zu spielen.“
Müllbergers Hund jaulte unglücklich.
„Lotti, kannst du ihm vielleicht den Gefallen tun?“, fragte Frau Müllberger. „Er vermisst den Kurt. Du musst ihm bloß fest in die Augen schauen und laut sagen „Sitz Pozor!“
„Sitz Popopozor!“, sagte Lotti. Es kam ganz zittrig und leise heraus, aber Müllbergers Hund setzte sich sofort auf die Hinterpfoten, streckte seinen Oberkörper gerade in die Luft und riss sein gewaltiges Maul auf.
„Jetzt glaubt er, dass er ein Löwe ist“, sagte Frau Müllberger und tätschelte sein Fell. „Weißt du, Kurt hat dann immer noch seinen Kopf in dieses Maul gelegt, aber das geht sogar mir ein bisschen zu weit. Wenn du jetzt noch sagst: Brav Pozor und wenn wir ordentlich applaudieren, ist er auch zufrieden.“
Lotti gehorchte und staunte, als Pozors riesige Augen vor Glück strahlten.
Dann aber erzählte sie Frau Müllberger rasch ihr eigenes Anliegen und auch Frau Müllberger versprach zu kommen.

Noch niemals war die Bescherung so uninteressant gewesen. Natürlich freute Lotti sich über die Geschenke, aber die ganze Zeit war sie dabei so aufgeregt, dass Mama Angst bekam, dass sie vor lauter Zucken und Zappeln noch den Christbaum zum Umstürzen brächte.
Endlich war es Zeit, zur Christmette zu gehen. Sie gingen früher los als sonst und Lotti blieb mit Felix draußen vor der Kapelle stehen, während Mama und Papa mit Klausi in die Sakristei gingen. Sie hatten versprochen dafür zu sorgen, dass der Herr Pfarrer nicht vor Beginn der Messe die Leute draußen begrüßen würde.

Lotti und Felix hatten alle Hände voll zu tun. Jeder der kam, bekam eine Krippenfigur.
„Nicht herzeigen!“, warnten sie. „Wie ausgemacht! Erst bei Stille Nacht, Heilige Nacht geht es los.“
Es war Felix der den fremden alten Mann bemerkte, der abseits stand.
„Kennst du ihn?“, fragte er Lotti.
Lotti schüttelte den Kopf.
Felix hatte jetzt nur noch den Ochsen im Koffer liegen und es kam ihm so vor, als ob der fremde Mann den Koffer anstarrte.
Er fasste Mut, nahm den Ochsen und ging auf den Fremden zu.
Er streckte ihm den kleinen Ochsen entgegen und sah, dass der Mann Tränen in den Augen hatte.
„Mein Ochse“, flüsterte der Mann. Da wusste Felix, dass es Theo, der Cousin des Pfarrers war.
„Wir haben den Koffer bei den Schienen gefunden“, sagte er.
„Ich dachte, jemand hätte ihn gestohlen. Ich wollte ein Stück die Schienen entlang gehen, wie wir es früher als Buben gemacht haben, da hörte ich unten im Wald ein Tier vor Schmerzen schreien. Ich ließ den Koffer stehen und fand ein kleines Schaf, das sich in einer Tierfalle verfangen hatte. Da musste ich mich doch zuerst um das verletzte Tier kümmern. Ich befreite es und trug es den ganzen Weg in die Stadt zurück zum Tierarzt. Nachher war ich einige Tage zu erschöpft, um mich aus dem Gasthaus zu rühren. Außerdem ging der nächste Zug erst heute Früh. Ich war entsetzt als ich den Koffer nicht mehr finden konnte. Es sollte mein Weihnachtsgeschenk für Peter, für den Herrn Pfarrer, sein.
„Das ist es auch“, sagte Felix froh. „Und es wird noch schöner, als ich dachte, weil Sie jetzt auch dabei sind. Bei Stille Nacht, heilige Nacht wollen wir alle gemeinsam die Figuren der verlorenen Krippe zum Altar bringen und aufstellen. Tragen Sie als letztes den Ochsen?“

Als das Stille Nacht, Heilige Nacht in der nur von Kerzen erleuchtete Kapelle erklang, traten sie alle einzeln nach vorne. Jeder stellte seine Figur hin. Felix und Lotti holten gemeinsam den kleinen Esel aus seinem Strohversteck bei der großen Krippe und gaben ihm einen schönen Platz ganz nah bei Maria und Josef. Und dann wurde es ganz still und der alte Mann kam langsam aus der letzten Bank heraus. Seine Hände hatte er zu einer Schüssel geformt. Er ging durch den Mittelgang
Der Herr Pfarrer, der die ganze Zeit stocksteif auf seinem Platz gesessen hatte, so überwältigt war er von diesem Weihnachtswunder gewesen, sprang mit einem Satz auf und rannte ihm entgegen.
„Theo“, rief er.
„Peter“, sagte Theo.

Und als der kleine Ochse neben dem kleinen Esel stand, wussten alle, dass in dieser Heiligen Nacht nicht nur eine zerbrochene und verlorene Krippe wieder ganz und heil geworden war.

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Veröffentlicht unter Adventkalender

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