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Adventkalender – 2. Dezember

schiffDon Matteo war ein gutmütiger Mann. Als die Hausfrau ihm das Brot mit einer Schale
gesalzenem Fische vorsetzte, wusste er, dass ihn durch die Ritzen des Mauerwerkes acht Paare hungriger Augen anstarrten. Jede Handbewegung sahen die Augen. Jeden Bissen, den er kaute, würden die Kinder mit leerem Mund und knurrendem Magen mitessen.
Bereitwillig öffnete Don Matteo seinen Proviantbeutel. Er war gut gefüllt mit frischen Brotfladen, getrocknetem Fleisch, Datteln und jenem klebrigen Zuckergebäck, das er vor Jahren bei den Sarazenen gekostet hatte und das sein von dort mitgebrachter Sklave daheim für ihn zubereitete. Er hörte das Seufzen der Kinder durch die dünne Mauer, als er all diese Köstlichkeiten ausbreitete.
„Kommt alle herein!“, rief er fröhlich. Morgen am Abend würde er Spalato erreichen und seinen Vorratsbeutel wieder füllen können. „Es ist nicht gut für einen Reisenden allein zu speisen!“
Die Kinder stürmten herein. Auch Cosmo vergaß, dass er älter und weiser war, als seine kleinen Geschwister und zwängte sich zwischen ihnen an den roh gezimmerten Tisch.
Das Lachen des Händlers dröhnte in der Hütte, als die Kinder hungrig das Essen in sich hineinstopften. Mit einer Handbewegung lud er die Eltern ein, mitzuessen. „Es ist genug für alle da“, rief Don Matteo und griff nach einem Stück Fleisch.
Als Cosmo und seine Geschwister schließlich satt und zufrieden an Stücken des klebrigen Zuckergebäcks lutschten, das der Händler ihnen in den Mund gestopft hatte, getraute sich der Vater nach dem Ziel und den Erlebnissen des Reisenden zu fragen.
„Spalato, mein guter Mann. Dort wartet eines meiner Schiffe auf dem Rückweg aus Konstantinopel auf mich und es wird mich, so Gott will, sicher und rasch nach Venetia zurückbringen.“ gab Don Matteo bereitwillig Auskunft.
Spalato, Venetia, Konstantinopel. Cosmo murmelte die fremden Namen, die nach Abenteuer klangen. Don Matteos scharfe Ohren hörten es. Er lehnte sich an die Wand und lächelte Cosmo an. Der Bub trug nur eine zerschlissene Hose. Sein Haar gehörte geschnitten und frisiert. Aber seine Augen blickten wach in die Welt.
„Schon einmal in Konstantinopel gewesen?“ fragte Don Matteo den Buben scherzend, der
wahrscheinlich noch nie weiter als in das nächste Dorf gekommen war und für den die Hafenstadt Spalato, welche nur eine Tagesreise entfernt lag, bereits unerreichbar scheinen musste.
Cosmo schüttelte stumm den Kopf.
„Dort musst du hinreisen, mein Junge.“ sagte Don Matteo. „Dort siehst du Dinge und erlebst du Sachen, die man sich als Christenmensch nicht vorstellen kann, so absonderlich und wunderbar sind sie.“ Die Kinder rückten näher heran. Sie liebten Geschichten.

Veröffentlicht unter Adventkalender

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