Menü Schließen

Adventkalender – 14. Dezember

Die ersten Tage der langen Reise von Venetia nach Perugia verliefen ereignislos. Das
Wetter war gut und die Pferde schienen keine Müdigkeit zu kennen.
Am dritten Tag gelangten sie zur Poebene. Noch nie hatte Cosmo ein so großes flaches Land gesehen.
Der Pofluss wand sich wie eine riesige, träge Schlange mitten durch die Ebene.
„Jedes Jahr im Frühjahr bringt die Schneeschmelze in den Bergen so viel Wasser in den Fluss, dass der Po das Land überströmt und mit fruchtbarem Schlamm bedeckt.“ erzählte Don Matteo. „Nachher, wenn das Wasser sich wieder in das Flussbett zurückgezogen hat, pflügen die Bauern das Land und säen. Wer im Sommer hier durchreist, sieht, so weit das Auge reicht, nur goldgelbe Halme leise im Wind schwanken.“
Cosmo starrte auf die abgeernteten Stoppelfelder. Ach, wenn sein Vater doch den kargen steinigen Acker gegen ein winziges Stückchen Land in dieser fruchtbaren Gegend tauschen könnte, wie gut würde es dann der ganzen Familie gehen.
Don Matteo schien Cosmos Gedanken zu erahnen. „Mit dem Geld, das ich deinem Vater bezahlt habe, wird er über den Winter kommen und im Frühjahr Saatgut kaufen können.“ versicherte er Cosmo.
Sie ritten weiter. Am späten Nachmittag des sechsten Tages kamen sie nach Bologna. Hinter der Stadt konnten sie die Bergketten des Apennins erkennen. Sie waren weiß bezuckert. Der Winter hatte Einzug gehalten, und auch unten im Tal war es kalt.
Neben dem Stadttor saßen Bettler. Sie froren. Don Matteo warf ihnen eine Handvoll Münzen zu. Die Wachsoldaten ließen Don Matteo durch, als er seine Handelsbriefe zeigte.
„Heute werden wir bei einem guten Freund nächtigen.“ sagte Don Matteo zu Cosmo und Ibrahim, während er sie in die Stadtmitte führte.
Der gute Freund war ebenfalls Händler. Cosmo und Ibrahim bekamen Schlafplätze bei der Dienerschaft zugewiesen. Don Matteo drückte ihnen Münzen in die Hand. „Schaut euch in der Stadt um. Vergnügt euch ein wenig. Denn die nächsten Tage werden lang und anstrengend werden.“
Cosmo und Ibrahim bedankten sich, und wenig später erkundeten sie mit leuchtenden Augen die Stadt mit ihren Märkten, Gässchen und Kirchen.
Es konnte nicht mehr lange bis Weihnachten dauern, dachte Cosmo, als er die Köstlichkeiten sah, die die Händler in ihren Läden ausstellten. Körbe randvoll mit Maroni und Walnüssen, Schinken, die fest und rosig an dicken Haken von Balken baumelten, Eingemachtes, Gewürze, Pasteten mit einem goldgelben Fettrand und Fässer mit gesalzenen Fischen. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Ibrahim erging es nicht anders. Er klimperte so laut und deutlich mit seinen Münzen, dass die einkaufenden Leute sich zu ihm umdrehten.
„Gehen wir essen, Cosmo“, schlug Ibrahim vor. Es war lange her, dass er eigenes Geld besessen hatte.
Wie zwei vornehme Herren betraten sie ein Wirthaus und bestellten ein einfaches Mahl. Später, als sie satt und zufrieden bezahlen wollten, griff Ibrahim in seine Hosentasche. Das Geld war weg!
„Irgendjemand muss mich bei den Läden bestohlen haben“, flüsterte er Cosmo zu. „Was machen wir jetzt?“ Cosmo wusste es nicht. Seine Münzen hatte er noch, aber sie reichten nicht aus, um zwei Mahlzeiten zu bezahlen.

Veröffentlicht unter Adventkalender

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner